Mit Simulationen bereit für das nächste Feuer


Es gibt Veranstaltungen, nach denen fühlt man sich angeregt, inspiriert. Aber das ist nicht immer so. Vergangene Woche nahm ich an einem Workshop des frisch eröffneten Lake Macquarie Land Care Centres teil, den ich in einem eher verstörten, aufgewühlten Zustand verließ. Das Thema: Buschfeuer in der Region und wie man sich davor schützen kann. Ich ging mit dem Eindruck heraus, dass man sich zwar vorbereiten kann, dass es aber im Falle eines großen Feuers keinen sicheren, sondern höchstens einen etwas sicheren Ort gibt. Und: Das nächste Feuer kommt bestimmt. Das hatte ich fast schon wieder vergessen.

Nach dem vielen Regen in der vergangenen La Nina-Zeit hatten wir die starken Buschfeuer im Sommer 2019/2020 ganz vergessen. Aber jetzt ist La Nina vorbei und nach einem „normalen Sommer“ (der heute Temperaturen von 40 Grad bringt!), könnte es bald auch in Richtung El Niño kippen. Und das heißt: trocken und heiß.

Buschland schützen und gezielt abbrennen, bevor ein Feuer ausbricht

Vortragende waren ein hochrangiger Kommandeur der Fire Brigade, mehrere Senior Officers der Stadt und ein junger, dynamisch wirkender Mann, der mit einem „Sim-Table“ durch die Region reist, um die Gefahren von Buschfeuern und deren Vorbeugung näherzubringen.

Der Sim-Table sieht aus wie eine extraüberdimensionale Pizzaschachtel (etwa 1,5×3 Meter), die mit Sand gefüllt ist. An der langen Seite der Schachtel steht in der Mitte ein Ständer, auf dem Beamer ein Bild auf den Sand bringt. Der Beamer ist wiederum mit einem Computer verbunden, auf dem eine Simulationssoftware (AnyHazard) läuft. AnyHazard ist eine Kartierungssoftware, mit der man kartierte Daten anzeigen und manipulieren kann. Über die Basis-Karte lassen sich dann verschiedene Ebenen schieben, die mit zusätzlichen Daten gefüttert sind. Die Ebenen lassen sich dann ein- und ausschalten.

Sandkasten für Feuerwehrleute

Das Bild von AnyHazard wird nicht nur auf den Sim-Table projiziert, sondern auch auf den riesigen Bildschirm im Raum. Eindrucksvoller ist aber der Blick auf den Tisch. Es zeigt unsere Region Lake Macquarie in einem Umkreis von etwa 30 Kilometern.

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Wir verfolgen in 14-facher Geschwindigkeit, wie sich ein simuliertes Feuer ausbreitet.

Der Sim-Table ist zunächst ein großer Sandkasten. Und so dürfen wir nun mit unseren Händen die Landschaft modellieren. Wir ziehen Sand aus dem Lake höher in den östlichen Teil, wo es kleine Hügel gibt. Unser Leiter erklärt, dass es wichtig ist, die Topografie genau zu verstehen, denn das Feuer schiebt sich nicht nur stoisch weiter, wenn es nicht daran gehindert wird, sondern es bewegt sich in verschiedenen Geschwindigkeiten. Prinzipiell läuft es schneller nach oben als nach unten. Das ist nicht verwunderlich, aber es wichtig für die Einschätzung der Geschwindigkeit des Feuers.

Feurio, Feurio: Aber was ist Feuer eigentlich?

Während wir unsere Hände fleißig durch den Sand fahren, bringt uns der Kommandeur mit einer scheinbar einfachen Frage zum Schwitzen: Was ist eigentlich Feuer? Hmm, wir versuchen uns allerhand Gestammel aus der Situation zu winden, werfen Rauch, Energie, Kraft, Hitze ins Rennen. Damit ist unser Kommandeur nur bedingt zufrieden. Er erinnert uns daran, dass Feuer eine chemische Reaktion aus drei Elementen: Brennstoff, Sauerstoff und Wärme, die das sogenannte „Feuer-Dreieck“ bilden.

Wenn das Feuer draußen stattfindet, dann können wir das Element Sauerstoff nicht verändern. Auch haben wir keinen großen Einfluss auf die das Wärmeelement, denn Feuer entsteht oft versehentlich – es reicht nur ein Funken einer Zigarettenkippe. Selbst in Australien gibt es anscheinend Menschen, die das noch machen. Natürlich gibt es Brandstiftung, das führt hier aber zu weit. Das Einzige, worauf wir tatsächlich einen Einfluss haben, ist der Brennstoff.

Einzige Chance, das Feuer zu stoppen: Brennstoff verringern

Ohne Brennstoff fällt das Feuer-Dreieck zusammen. Das Ziel ist also, den Brennstoff zu minimieren. Genau hier ist das Problem: Es war nun eine Weile feucht, da hat sich viel Brennstoff in den Wäldern (den Büschen) angesammelt. Auf dem Sim-Table wird jetzt eine Ebene eingeblendet, die anzeigt, an welchen Stellen besonders viel Brennstoff liegt. Hier muss die Feuerwehr eingreifen und diesen Brennstoff gezielt abbrennen.

Der besonders spannende - und ernüchternde Teil - ist die Simulation eines Feuers. Ein Klick in der Nähe der Autobahn nach Sydney reicht, um ein simuliertes Feuer zu starten. Wir stellen eine für uns ungünstige Windrichtung ein und sehen in 14-facher Beschleunigung, wie sich das Feuer zunächst nur langsam, dann immer schneller ausbreitet. Währenddessen haben wir über einige Sachen gesprochen. Hier meine Notizen dazu:

  • Topografie beeinflusst die Geschwindigkeit, mit der sich Feuer ausbreitet. Ein Feuer breitet sich normalerweise bergauf viel schneller aus als bergab, da es das Material vorheizt und leichter entzündbar macht.
  • Der Funkenflug ist besonders gefährlich. Dazu muss man gar nicht nah am Feuer sein. Beim Funkenflug fällt die Glut am Ende eines Feuers nach vorn und kann so weitere Brände auslösen. Dieser Funkenflug führt zu einer Konvektion, bei der sich die Brände gegenseitig verstärken und das Feuer noch intensiver wird. Durch die Konvektion steigt heiße Luft nach oben, kühlere Luft wird in das Feuer gezogen. Daraus entsteht ein eigener Kreislauf, der die Intensität des Feuers verstärkt.
  • 80 Prozent der abgebrannten Häuser entstehen durch Funkenflug. Das heißt: Es kann jeden treffen, selbst wenn nicht Buschland in der direkten Nähe ist.
  • Wenn zu viel Brennstoff herumliegt, dann muss zurückgebrannt werden. Das nennt man „hazard reduction“. Das ist noch nicht das „backburning“ von den Aborigines, das hier „cultural burning“ genannt wird. Das sind zwei verschiedene Sachen.
  • Cultural Burnings ist in der Regel ein Brand von 1 bis 2 Hektar, der sehr langsam und sorgfältig geplant und durchgeführt wird und normalerweise 1–2 Wochen dauert. Wenn ein Feuer durch eine Vegetation brennt, kann es innerhalb von 3–4 Jahren wieder nachwachsen und erneut brennbar sein. Aus diesem Grund müssen bestimmte Feuerschwellenwerte für die verschiedenen Vegetationstypen eingehalten werden.
  • Es gibt nur begrenzte Kapazitäten für harzard reductions. Die Stadt Lake Macquarie besitzt ungefähr 1800 Bushland-Parzellen. Pro Saison können nur etwa zehn Brände gezielt ausgeführt werden. Da ist die Priorisierung essenziell.
  • Hazard Reduction Burns (HRB) können das Risiko nicht vollständig eliminieren. Es ist unmöglich für die RFS, überall HRBs durchzuführen, um das Risiko zu beseitigen. Nach einer Weile wird sich das Feuer immer weiter aufheizen. Dadurch wird das Feuer so intensiv, dass es sich in den Baumwipfeln ausbreitet, ein Bodenfeuer entsteht und es sich viel schneller ausbreitet.
  • Wie kann man sich vorbereiten? Rasen mähen, um Brennstoff zu reduzieren, die Funken kommen über das Dach und Dachrinnen. Das schwächste Glied des Hauses sind die Fenster. Aber auch die Türmatte leitet das Feuer ins Haus. Als Erstes wird das Telefon ausfallen, die Internet-Knotenpunkte schaffen es noch 4 Stunden, das Mobilfunknetz wird überlastet sein. Sehr gutes Material zur Vorbereitung findet sich hier.

Das waren jetzt nur ein paar Notizen dieser wirklich interessanten Veranstaltung. Meine „Take Home Message“: Es kann schneller passieren, als man denkt. Und es lohnt sich, einen Plan zu haben. Das hatten wir bei dem vielen Regen schon ganz vergessen, dass es hier im Land der Extremen auch noch Feuer gibt.

Der Workshop endete mit einem letzten Blick auf den Sim-Table, bevor wir uns alle verabschiedeten. Ein Blick auf das Feuer-Dreieck und die daraus entstehenden Konsequenzen hat mich nachhaltig beeindruckt.

Und während ich das schreibe, rieche ich diesen sehr markanten Feuergeruch. Irgendwo muss es brennen. Vielleicht ist es aber auch das verbrannte Steak von meinem Nachbarn. Das nächste Feuer kommt bestimmt - es bleibt noch Zeit zum Vorbereiten.